Lotto - Teil 3


„Du kannst die Zeitung auch online lesen, Martha“, sagte Wesley, Rouvens Enkel, der aus dem kleinen Lager hinter dem Verkaufstresen kam. „Auf dem Smartphone. Oder dem Tablet. Das kannst du so hell einstellen, dass du auch lesen kannst, wenn du im Dunkeln sitzt.“ Wesley ließ einen weiteren Stapel Zeitungen auf den Tresen fallen, so dass der Tresen verdächtig knirschte. Rouven schnaubte leise, doch Wesley ignorierte ihn.
„Ich bin zu alt für ein Smartphone.“ Martha zog den Telegraaf aus dem Regal, in das Rouven eben die Zeitungen säuberlich einsortiert hatte – Kante auf Kante, wie jeden Tag. Sie wusste, dass sie seine Ordnung durcheinanderbrachte und er mit den Augen rollte, wenn sie die Zeitung herauszog. Es war ihr Spiel, schon seit vielen Jahrzehnten.
„Aber die Zeitung kannst du kaum noch lesen, oder? Wird nicht besser je älter du wirst, Martha, irgendwann wirst du gar nicht mehr lesen können.“ Wesley lächelte sie an, das konnte sie erkennen, wenn sie die Augen fest zusammenkniff. Sie konnte ihn nicht ausstehen, diesen Jungen, der seit einem Jahr an der Universität studierte und dachte, er wisse deshalb mehr als sie. Gar nichts wusste er, absolut nichts!
„Bevor du mir weiter schlaue Ratschläge gibst – wie wäre es stattdessen, wenn du meinen Lottoschein prüfst? Ich muss etwas gewonnen haben, wenn ich die Zahlen im Telegraaf richtig gelesen habe.“ Sie fummelte aus ihrer Brieftasche den Lottoschein hervor und warf diesen auf den Tresen.
„Und hat dir deine Zeitung auch verraten, wie viel du gewonnen hast?“, fragte Wesley während er langsam den Zettel hochnahm und ihn in Zeitlupe auseinanderfaltete.
„Genug, damit ich den Telegraaf heute nicht zahlen muss“, sagte Martha.