Stille - II

Das Monster unter ihrem Bett kam nicht nachts hervor, es kam immer nur tagsüber.

„Ich habe Angst vor der Stille“, sagte das Monster während es auf ihrem Bett saß und mit den kurzen Beinen baumelte.

„Aber du bist ein Monster“, sagte sie. „Monster haben doch keine Angst.“

Sie saß neben ihm auf dem Bett und hielt seine Hand. Am Anfang hatte sie natürlich Angst gehabt, es war immerhin ein Monster mit drei Augen, langen Armen, einer grünen Nase und neon-orangefarbenem Fell. Aber es lispelte ganz leicht und es blinzelte mit seinen drei Augen unterschiedlich, immer eines nach dem anderen. Außerdem hieß es Almuth. Wie sollte sie da Angst haben?

„Monster haben sehr wohl Angst. Vor Stille zum Beispiel. Du schnarchst ja noch nicht mal, wenn du schläfst. Wenn du nicht ab und an mal pupsen würdest, könnte ich denken, du wärst gestorben.“

Sie kicherte. Im Schlaf pupsen – das machte Papa auch manchmal. Papa!

„Darf ich meinen Papa holen, damit er dich kennenlernt?“, fragte sie und vor Aufregung hatte sie Almuths Hand losgelassen und hüpfte auf dem Bett auf und ab.

„Ich denke nicht, dass dein Papa mich kennenlernen möchte“, sagte Monster-Almuth und blinzelte nacheinander mit ihren drei Augen. „Erwachsene glauben nicht mehr an Monster unterm Bett.“

Doch sie rannte los, Papa würde doch in jedem Fall ein echtes Monster kennenlernen wollen statt Fußball zu schauen.

Es dauerte nicht lang und sie kam zurück. Allein.

„Du hattest Recht“, sagte sie leise und setzte sich neben Almuth aufs Bett.

„Magst du vielleicht meinen Papa kennenlernen?“, fragte das Monster. „Er ist zwar im Ruhestand, aber genau deshalb wird es ihn freuen, wenn er dich ein bißchen erschrecken kann.“

„Ja“, rief sie und klatschte in die Hände. „Auf ins Monsterland!“ und ergriff Almuths Hand, um mit ihr unter dem Bett zu verschwinden.