Lampe II

 

Was für eine absolut bescheuerte Idee. Absolut bescheuert. Und noch bescheuerter was es von ihr, dabei auch noch mitzumachen. Sie hätte einfach Zuhause bleiben sollen. Auf dem Sofa mit dem Buch, das sie gerade erst angefangen hatte. Stattdessen lief sie jetzt durch den Wald. Weil das ja soooo lustig werden würde! Und sie nicht ständig auf dem Sofa hocken oder im Bett liegen und lesen konnte. Hallo, es waren Sommerferien! Da ging man gefälligst raus und erlebte was. Selbst, wenn man sich keinen Urlaub leisten konnte. Dann musste man sich halt auf dem Dorf irgendwas ansehen. Wie zum Beispiel ein Maisfeld-Labyrinth. Oder wie jetzt mit einer Taschenlampe in den Wald, um nach Wildschweinen zu suchen. Wildschweine! Das waren die gefährlichsten Tiere im Wald überhaupt! Na gut, vielleicht war der Grüffelo gefährlicher, aber was wussten ihre Freunde schon – die lasen ja nicht.
Sie stolperte über einen Ast und beinah hätte sie die Taschenlampe verloren. Ihr Herz schlug so schnell, dass sie kaum Luft bekam. Vorsichtshalber blieb sie stehen. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen, wie es die Ärztin gesagt hatte. Genau das war der Grund, warum sie lieber auf dem Sofa saß oder im Bett lag: Ihrem Herz konnte da nichts passieren.
Sie ließ die Taschenlampe umherwandern, um sich abzulenken. Vielleicht fand sie ja tatsächlich einen Grüffelo, wer wusste das schon so genau. Das Licht ihrer Taschenlampe erfasste eine Bewegung und ihr Herz, das sich schon beruhigt hatte, begann wieder schneller zu schlagen. Es war nur eine Maus, die dort auf dem Baumstumpf saß und mit ihren Vorderpfoten ihr Gesicht putzte. Die Maus hielt inne und sah zu ihr und sie hätte schwören können, dass der Schatten, der hinter der Maus auftauchte, das Grüffelo war. Aber da fiel ihr schon die Taschenlampe aus der Hand, weil ihr Herz so schnell schlug, dass sie keine Luft mehr bekam.