Abschied II
Abschied. Sie sagte das Wort so lange in ihrem Kopf bis es ganz seltsam klang. AbschiedAbschiedAbschiedAbschiedAbschiedAbschiedAbschiedAbschiedAbschiedAbschied
Und dann noch: Abschied nehmen. Was nahm man sich denn da? Man ging weg, verließ einen Menschen, eine Katze, einen Ort und was nahm man mit? Traurigkeit, Sehnsucht, Heimweh. Sie schüttelte sich als könne sie das Wort aus sich herausschütteln.
Vor ihrem Fenster hatten sich Elstern versammelt, die laut und durchdringend krächzten. Zuhause sah sie vielleicht mal eine Elster, manchmal zwei. Hier waren es gleich fünf oder sechs und sie machten Lärm als seien sie 500.
Elster. Wen sie das Wort ganz oft hintereinander in ihrem Kopf sagte, klang es auch seltsam.
ElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElsterElster.
Ob es dafür einen extra Schalter im Gehirn gab? Wenn man zu oft ein Wort wiederholte, dass es automatisch seltsam klang und man es deshalb erst einmal lange Zeit nicht dachte? Weil das Gehirn sonst explodierte?
Gehirn. Das war so schon ein richtig schräges Wort. Vielleicht wurde das ja besser, wenn sie es nur oft genug sagte?
GehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirnGehirn.
Sie rümpfte die Nase. Nee, wurde nicht besser. War genauso schlimm wie die anderen Wörter.
Die Elstern flogen auf als
sie das Fenster öffnete. Sie wollte hören, ob das Meer noch so grollte und
donnerte wie gestern. Aber es war still, nichts zu hören. Und wie sie sich so
anstrengte, ob sie irgendetwas hörte, wurde es auch leise in ihr drin und es
waren keine Wörter mehr, die seltsam klangen, sondern nur Stille und da schloss
sie die Augen bevor sie dachte. Stille. Was für ein seltsames Wort.